Anzeige
FazitOnline

Von Hühnern und Hirschen

| 10. Januar 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 199, Fazitportrait

Foto: Heimo Binder

Der Familienbetrieb Draxler ist seit fast 100 Jahren der Inbegriff des Fachhandels für Geflügel und Wild mit eigener Verarbeitung. Die Filiale am Jakominiplatz prägt schon 55 Jahre lang das Erscheinungsbild der Stadt Graz. Wie der Traditionsbetrieb aus Mooskirchen das schafft, haben wir versucht zu erkunden. Und irgendwas mit Indianern, aber lesen Sie selbst.

::: Hier im Printlayout online lesen

Ein Foto vom Draxler-Geschäft am Jakominiplatz muss sein, dann weiß jeder gleich Bescheid. Hatte nicht jeder in Graz eine Großmutter, die dort schon eingekauft hat? Oder eine Mutter? Oder zumindest eine Tante? Das Fachgeschäft für Geflügel und Wild ist seit dem Jahr 1968 am Jakominiplatz/Ecke Reitschulgasse ansässig, sohin mehr als ein halbes Jahrhundert. Im Geviert des ehemaligen Bauernbund-Komplexes befand sich auch der legendäre Steirerhof. Geblieben ist davon nur der Name, heute befinden sich darin einige Geschäfte und Betriebe wie etwa ein Fitness -center. So gesehen ist »der Draxler« einer der letzten Mohikaner am Platz. Aber im Gegensatz zu Chingachgook ist man bei Draxler familiär breiter aufgestellt. Zur Zeit ist die dritte Generation am Ruder, Geschäftsführer sind die Brüder Franz (55) und Erwin (69) Draxler. Schwester Maria Nocker (67), die jahrzehntelang die Filiale am Jakominiplatz betreut hat, ist grundsätzlich in Pension, trotzdem hin und wieder im Geschäft anzutreffen. Tatsächlich ist der Jakominiplatz »nur« eine Filiale, genauso wie der fixe Stand am Lendplatz, den es auch schon seit 1978 gibt.

Foto: Heimo Binder

Wir besuchten das Unternehmen an seinem Stammsitz in Mooskirchen, das heißt – um in der Indianersprache zu bleiben – im ursprünglichen Stammesgebiet der weststeirischen Ebene: Franz Draxler hat eindeutig die Rolle des Häuptlings übernommen, während der um 14 Jahre ältere Erwin der weise Medizinmann ist, der in großen Kesseln das Hirschgulasch kocht, das genauso wie das Hendlgulasch in Gläser abgefüllt und in den Filialen am Jakominiplatz und am Lendplatz verkauft wird. Er ist es auch, der direkt von den Jägern das frisch erlegte Wild in Empfang nimmt – tatsächlich ein Ritual, das in der Branche selten geworden ist. Schauplatz ist eine eigene Wildübernahmestelle mit Rampe im Freien und direktem Zugang zum Kühlraum: Der Jäger bringt das erlegte Wildbret, hauptsächlich Rehe, hierhin zur Übernahme; wenn es sich allerdings um einen Hirsch handelt, wird die Sache in wahren Wortsinn schwer, daher wurde schon in den Siebzigerjahren für diese Zwecke ein eigener Aufzug installiert. Franz Draxler: »Es gibt keinen vergleichbaren Betrieb so wie wir ihn haben, mit eigener Wildübernahmestelle und mit eigener Wildverarbeitung, so dass wir alle Größenordnungen abdecken können.« Das heißt, das Wild wird im Betrieb so zerlegt, dass Kunden in Haushaltsgrößen bedient werden können, etwa mit einem Hirschsteak zu 200 Gramm, aber auch in Mengen für den Großhandel, zum Beispiel mit 500 Kilogramm Hirschgulasch. »Bei den Mitbewerbern gibt es einige, die das Wild in der Decke einkaufen, aber nicht verarbeiten«, so Draxler. Pro Jahr sind es rund 700 Rehe, 70 Hirsche und 50 Gämsen, die Draxler von den Jägern kauft. Vom erwähnten Gulasch abgesehen, wird das Wild hier auch zu Hirschschinken und Wildwürsten verarbeitet. »Früher war übrigens ein Onkel in Wien der größte Wildhändler von ganz Europa mit eigener Eisenbahnanbindung«, erzählt Franz Draxler. Das erklärt auch das Stammeswappen, sprich das Logo des Unternehmens: Es ist ein Hirsch.

150.000 Hühner
Dabei könnte es genauso gut ein Huhn sein. Denn das ist hauptverantwortlich für einen Umsatz von 2,7 Millionen Euro, der mit 25 Mitarbeitern erwirtschaftet wird. Der Umsatz ist in den letzten Jahren leicht gestiegen, weil der Konsum von Geflügel steigt, was Franz Draxler auf ein geändertes Ernährungsbewusstsein in der Gesellschaft zurückführt. Auch weil der Eiweißanteil bei Hühnerfleisch hoch ist, greifen nach seinen Erfahrungen zum Beispiel Bodybuilder gerne zum Hendlfilet, kaufen gleich zehn bis zwanzig Kilo auf einmal, frieren es ein und essen nach genauen Ernährungsplänen. Pro Jahr gehen bei Draxler 150.000 Hendl über den Ladentisch. Das Frischgeflügel wird täglich angeliefert. Genauer gesagt handelt es sich dabei um Maishendl aus 15 verschiedenen Mästereien in der Oststeiermark. Maishendl wiederum bedeutet, dass das Futter zu rund 60 Prozent aus Mais besteht, wodurch die Tiere eine leicht gelbliche Farbe bekommen. Zu den weiteren Jahreseinkäufen gehören noch rund 700 Weidegänse aus dem Mostviertel und aus Oberösterreich, 200 Bioenten aus Oberösterreich, 300 Bioputen aus der Oststeiermark, 300 Freilandputen aus Niederösterreich, 500 Puten aus dem Burgenland und 13 Schafbauern versorgen Draxler mit Lammfleisch, einmal pro Woche wird auch Kaninchenfleisch geliefert. Draxler selbst beliefert auch Großhändler wie den Fleischverarbeitungsbetrieb Kanerta, Großküchen wie den Magistrat Graz, Kantinen etwa in der Andritz AG, der Otto-Möbes-Akademie oder im Mosaik und ebenso Wiederverkäufer wie die Fleischerei Mosshammer und Gastronomiebetriebe wie den Urdlwirt in Premstätten, Schmidhofer, Sternwirt oder Stoffbauer in Graz, Dorrer am Steinberg oder Zoißl in Seiersberg. Auch der ursprüngliche Eierhandel wurde beibehalten. Draxler liefert Frischeier aus Bodenhaltung und Freilandhaltung sowie pasteurisierte Eiprodukte wie Vollei, Eiweiß oder Eigelb in Literpackungen und Zehnlitereinheiten für die Gastronomie und für Großkunden wie den Magistrat Graz, der pro Lieferung gleich 300 bis 360 Kilogramm Biovollei erhält.

Foto: Heimo Binder

Die Historie
Begonnen hat alles im Jahr 1928. Die Großeltern der Geschwister, Franz und Berta Draxler, siedeln sich in Mooskirchen an. Vor fast 100 Jahren legt das Ehepaar damit den Grundstein für das heutige Unternehmen. Sie führen eine Landwirtschaft und handeln mit Hendln und Eiern. Die Hendl werden damals in Niederlassungen in Arnfels, Oisnitz und Gams gezüchtet. Der jüngste Sohn Erwin, der Vater der heutigen Geschwister, arbeitet in den Vierzigerjahren im elterlichen Betrieb mit und beliefert die Kunden zunächst mit dem Fahrrad, später mit dem Motorrad und Ende der Fünfzigerjahre mit einem VW-Pritschenwagen. Durch den Bau der A2-Südautobahn wird die erste Betriebsstätte im Jahr 1966 in Mooskirchen abgelöst und ein paar hundert Meter weiter auf dem heutigen Betriebsgelände ein erstes Kühlhaus mit gerade einmal zwölf Quadratmetern errichtet. Erwin ist mittlerweile mit Maria verheiratet, die heutige Generation, die Geschwister Erwin und Maria (Nocker) bereits geboren, und Franz kommt als »Nachzügler« 1968 zur Welt. Just im selben Jahr übernehmen ihre Eltern den Betrieb, expandieren mit der neu gegründeten Gesellschaft nach bürgerlichem Recht für den Handel mit Geflügel, Wild und Eiern nach Graz und eröffnen die erste Filiale am Jakominiplatz. Das neue Stammhaus in Mooskirchen wird seither sukzessive ausgebaut und in der Landeshauptstadt wird 1976 eine zweite Filiale eröffnet, nämlich in der Keplerstraße, Ecke Rebengasse. Zwei Jahre später folgt die damals dritte Filiale am Lendplatz. Das Unternehmen Draxler expandiert zusehends, nach den Bau einer zusätzlichen Lagerhalle und einem Geschäft mit Imbiss verfügt der Betrieb 1993 bereits über 2.400 Quadratmeter bebaute Fläche. Im Jahr 2001 erfolgt die Betriebsumgründung: Erwin und Maria Draxler integrieren ihre Tochter Maria als Prokuristin und die beiden Söhne Erwin und Franz als Geschäftsführer in die Draxler Wild-Geflügel GmbH. Im selben Jahr wird auch eine der bisher größten Veranstaltungen gemeistert: Beim Feuerwehrlandesjugendlager in Mooskirchen können 5.000 Personen binnen einer Stunde ihr Grillhendl genießen.

Catering für Familienfeiern
Zur Feuerwehr hat die Familie Draxler eine besondere Beziehung. Schon der Vater war Bezirksfeuerwehrkommandant in Voitsberg und Ortkommandant und Franz Draxler selbst hat als Kommandant des Katastrophenhilfsdienstses 20 Jahre lang für den Bezirk Voitsberg die Katastropheneinsätze auch für überörtliche Einsätze geleitet. So zum Beispiel bei einem Waldbrand im Murtal mit 200 Leuten, beim Hochwassereinsatz in Niederösterreich oder einer Schneekatastrophe in Mariazell. Neben der Betreuung von Veranstaltungen bis 10.000 Personen ist die Belieferung von Privatkunden eine Schiene, die im Rahmen des Catering weiter ausgebaut wurde. Das Interesse am Verleih von Grillutensilien, Geschirr, Hendlgrillern und Warmhaltevitrinen, aber insbesondere für sämtliche fertige Speisen, die bei Draxler geordert werden können, ist spätestens seit der Coronazeit gestiegen. Dazu Franz Draxler: »Das ist eigentlich eine der günstigsten Formen, private Feierlichkeiten abzuhalten. Zum Beispiel bei einer Geburtstagsfeier mit 20 Familienmitgliedern lautet eine Bestellung Backhendl, dazu vielleicht Grillhendl, Schnitzerl, Spareribs, ein Schweinsbrüsterl, eine Stelze und immer mehr auch ein paar vegetarische Speisen wie etwa gebackene Champignons – das heißt, es kann völlig gemischt bestellt werden. Falls gewünscht auch mit Tellern, Besteck, Salatschüsseln bis hin zu Warmhaltebehältern. Der Kunde bekommt einen Transportbehälter, das ist eine Wärmebox in der er alles mitnehmen kann. Auf der Website haben wir ein eigenes Formular zum Ausfüllen der Wünsche.« Dort stehen zwar keine Preise, die folgen dann mit dem Angebot von Draxler. Auf der offiziellen Preisliste in den Geschäften ist das Backhendl jedenfalls mit vergleichsweise günstigen 18,40 Euro ausgewiesen. Der Preis des rohen Maishendls bewegt sich zwischen 6,10 (mit Innereien) und 6,50 Euro (ohne Innereien) pro Kilogramm. Die Kundschaft in den Geschäften, in denen man auch essen kann, haben allein beim Huhn eine große Auswahl, was die Zubereitung betrifft. Das geht von einzelnen Teilen, egal ob gebacken, gegrillt oder gebraten, bis zum ausgelösten Hendl ohne Knochen auf Vorbestellung auf Wunsch auch mit Semmelfülle, fertig für das Backrohr zu Hause. Zur weiteren Auswahl stehen zum Beispiel noch Schnitzel (Schwein, Hendl, Pute), Schweinsbrüstl und -stelze, das erwähnte Gulasch (Hirsch, Huhn), Gemüselaibchen, Semmelknödel und einiges mehr. Der gefürchtete Kartoffelsalat aus dem Kübel ist bei Draxler kein Thema, im Gegenteil: Wir konnten uns in Mooskirchen überzeugen, dass der Kartoffelsalat hausgemacht ist: In mindestens zwei großen Kesseln werden jeden Tag 20 bis 30 Kilo Kartoffeln frisch gekocht, anschließend händisch geschält und mit einer eigenen Maschine feinblättrig geschnitten. Das Ergebnis: einfach köstlich.

Foto: Heimo Binder

Lose Ware ohne Müll
Dass man Frischgeflügel auch in jedem Supermarkt kaufen kann, sieht Franz Draxler nicht als Problem: »Das ist eine andere Qualität und nicht lose Ware wie bei uns, noch dazu auf Styroportasse mit Plastikfolie verpackt, also unnötiger Müll, den wir ja gezielt nicht produzieren wollen. In Supermärkten geht es natürlich nicht anders, die brauchen die Verpackung, weil dort der EAN-Code drauf ist, sodass man das Produkt bei der Kasse nur drüberziehen muss. Bei uns gibt es ja doch noch die Bedienung und die Beratung dazu. Und der Kunde muss nicht aus dem Fleischregal irgendein Packerl nehmen, von dem er vielleicht gar nicht weiß, was drinnen ist und was er damit machen kann. Wir geben Ratschläge und Ideen für Zubereitung und Rezepte. Diese direkte Beratung unterscheidet uns schon sehr vom Mitbewerb.« Diese Kultur und Tradition wird bereits von der nächsten, der vierten Generation gelebt. Marcel (28), der Sohn von Franz und Michael (34), der Sohn von Maria, sind längst ebenso fast rund um die Uhr für das Familienunternehmen tätig und auch von der fünften Generation ist schon jemand seit kurzer Zeit auf der Welt. Der nächste Mohikaner.

Draxler Geflügel-Wild GmbH
8562 Mooskirchen, Kainachstraße 4
Telefon +43 3137 2308
gefluegel-draxler.at

Fazitportrait, Fazit 199 (Jänner 2024) – Fotos: Heimo Binder

Kommentare

Antworten