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Landwirt werden, Landwirt sein

| 12. März 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 200, Serie »Erfolg braucht Führung«

Carola Payer im Gespräch mit dem landwirtschaftlichen Facharbeiter Johannes Haas Über die Motivation zu einer nachhaltigen und sinnstiftenden Karriere.

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Passt ein Berufsbild, bei dem man arbeitet, wenn die anderen Freizeit haben, noch zu den Karrierevorstellungen der Generation Z? Für Johannes Haas schon. Wie viele andere hatte er schon andere Bilder für einen Lebensentwurf: Volksschullehrer, weil er gerne mit Kindern arbeitet, Umweltsystemwissenschaften mit dem Schwerpunkt Geografie zu studieren, vielleicht doch beim Bundesheer zu bleiben. Das Studium Umweltsystemwissenschaften war ihm nach eineinhalb Jahren doch zu trocken, den Plan, beim Bundesheer zu bleiben, hat er nach zwei Wochen verworfen. Seine Ferialjobs hingegen hatten ziemliche Konstanz. Beim Vollerwerbsbauer Hannes Kappa hat er regelmäßig mitgearbeitet. In der Corona-Zeit hat er besonders viel Zeit dort verbracht und das fehlende Personal am Kaiser-Josef-Markt vertreten. Johannes Haas: »Man bekommt am Markt von den Kunden sehr viel Wertschätzung für gutes Gemüse. Es freut mich, alles schön zu präsentieren und gute Feedbacks zu bekommen.«

Von der Universität in die handwerkliche Fachausbildung
Johannes Haas: »Der reine Verkauf war mir zu wenig und ich wollte in die Vorproduktion hineinwachsen. Ich wollte den ganzen Prozess besser verstehen und vom Anbau bis zum Verkauf fachkundiger werden. Daher habe ich den allgemeinen Landwirtschaftlichen Facharbeiter in Form einer Abendschule nachgemacht. Jetzt habe ich neben der Matura am Gymnasium auch einen Berufsabschluss. Zu Hause war das Arbeiten mit Pferden und im Wald schon immer eine Leidenschaft. Das Schöne ist hier: Jeder Handgriff ist sinnvoll und nichts geht ins Leere. Der Arbeitsaufwand wird mit dem Spaß, den es macht, ausgeglichen. Der Vorteil ist auch, dass man den ganzen Tag an der frischen Luft ist. Derzeit kann ich mir einen Beruf im Büro nicht vorstellen. Du kannst dir eigenständig den Tag einteilen. Das nimmt auch Druck raus, außer es ist Regen angesagt, dann muss man fertig werden. Ich möchte auch noch den Meister machen. Dadurch hab ich dann auch die Möglichkeit, einen Hof zu übernehmen, landwirtschaftliche Flächen zu kaufen und die Option auf Förderungen. Die Selbstständigkeit wäre sehr verlockend.«

Freude am sinnstiftenden Tun
Der Generation Z wird zugeschrieben, dass sie durch ihr Tun einen Mehrwert schaffen wollen. Dabei spielen auch die in Organisationen vertretenen Werte wie Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Diversität eine Rolle. Zufriedenheit im Job gibt ein Gefühl von Sicherheit und seelische Balance. Das beschreibt auch Johannes Haas so: »Alles in der Landwirtschaft ergibt einen Sinn. Das brauche ich einfach, um glücklich zu sein. Das Hauptziel für mich ist es, dass die Menschen ein Top-Produkt kaufen. Es gibt Kunden, die bestellen den Vogerlsalat vor, damit sie noch einen von uns bekommen. Das freut mich. Ich kann auch von Hannes Kappa so viel lernen, weil er sehr erfahren ist und es ihm Spaß macht, mir sein Wissen weiterzugeben. Zusammengefasst: Meine Tätigkeit mach Sinn und auch Spaß.«

Ein Beruf mit Vielfalt
Johannes Haas: »Am Markt müssen die Ware und die Qualität stimmen, aber man punktet auch mit Sympathie. Das Verkaufen macht mir enormen Spaß und ich mache das, glaube ich, nicht so schlecht. Unter der Woche kommen viele Stammkunden, weil die Familie Kappa dort schon Jahrzehnte präsent ist und einen guten Ruf über die Generationen hinweg hat. Wenn ich mal Stress habe, besuche ich meine Wellensittichenzucht. Das sind schöne, zutrauliche und sehr lustige Tiere. Die Arbeit mit den Vögeln entspannt mich. Ich kann ihnen zusehen und freue mich, dass es ihnen gut geht. Ich glaube, sie mögen mich auch«, meint er lachend. Für die Zukunft sieht Johannes Haas auch Bilder eines breiten Spektrums: »Man muss sich aufgrund der Wetterextreme und sonstigen Gegebenheiten einfach breiter aufstellen. Ich könnte mir eine Kombi aus Pferdeeinstellen, Brennholz und Gemüseanbau vorstellen. Das Grundproblem in der Landwirtschaft sind die Extremphänomene des Wetters, wie Hagel, Regenfronten usw. Fleischproduktion würde ich höchstens zur Eigenproduktion machen.«

Ängste und Chancen
Angst vor zu viel Arbeit, Angst vor dem Klimawandel, Angst, nicht genügend zu verdienen. Dazu Johannes Haas: »Angst habe ich keine, weil ich mir darüber keine Gedanken mache. Es kommt sowieso so, wie es kommt. Es gibt für mich genug Plan-B-Möglichkeiten. Man kann sich umschulen lassen, umlernen und dann geht schon eine neue Tür auf. Und: Mir bleibt ja auch noch die Variante Volksschullehrer. Ich sehe eher Chancen. Grundsätzlich nehme ich am Kaiser-Josef-Markt wahr, dass dort, wo jetzt die alte Generation an Marktverkäufern steht, viele diese Stände sicher nicht mehr von der jüngeren Generation nachbesetzt werden. Die Tendenz geht dahin, dass der Kaiser-Josef-Markt immer leerer werden wird. Viele junge Landwirte tun sich das nicht mehr an. Als Hofbesitzer muss man mit einer Sechstagewoche leben und arbeitet sicher nicht nur acht Stunden pro Tag. Stundenrechner darf man keiner sein. Jetzt diskutiert die Politik noch über eine Viertagewoche. Sollte das kommen, wird die Nachfolge an den Höfen noch schwieriger werden. Auch die staatlichen Vorgaben schrecken einige ab. Wenn man viele Stunden hart am Feld oder im Stall arbeitet, hat man am Abend sehr wenig Lust, die bürokratischen Aufgaben zu erledigen. Es gibt einiges, was man dokumentieren muss. Das ist meiner Meinung nach zu viel, zu zeitaufwendig und zu kompliziert gestaltet. Mit 30 möchte ich gerne sagen können, mit welcher Form ich in die Zukunft gehe und einen Plan für eine schrittweise Umsetzung haben. Ich möchte ein guter Landwirt werden und ein erfolgreicher, glücklicher Landwirt sein.«

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Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 200 (März 2024), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 67)

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