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Aus zweiter Hand

| 11. April 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 201, Fazitbegegnung

Foto: Andreas Pankarter

Ich bin mit meinen Sachen ein Wanderzirkus«, sagt Christine Danda. Mit »meinen Sachen« meint sie die Secondhandware in ihrem Vintageladen »Augenweide« in der Leonhardstraße. Silber und Glas dominieren, vom Kerzenständer über Dosen und Döschen, Bleikristall (»kommt wieder« im Gegensatz zu Perserteppichen) und Spiegel bis zu Schmuck und Nähkästchen. Aber auch originelle Sitzgelegenheiten aus den Neunzehnsechziger- und -siebzigerjahren oder Freischwinger von Marcel Breuer und offenbar wieder in Mode kommende Luster.

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Dabei zählen ältere Herrschaften weniger zu ihrem Zielpublikum: »Die haben oft schon alles, was ich verkaufe. Oder schon längst entsorgt.« Dabei ist Christine Danda keine Sammlerin, eher eine Jägerin, die Gefangenes nach einer Weile auch gern wieder freilässt, sprich verkauft. Seit 2008 wandert sie mit ihrem Geschäft – zuerst nach sieben Jahren in der Haydngasse (»Edeltrödel«) und einem Jahr Pause das erste Mal in die Leonhardstraße – mit einem Pop-Up-Geschäft ein paar Häuser entfernt, neben dem Parkhotel. Dann für einen Winter und ein Frühjahr in die Josefigasse beim Lendplatz: »Der Zeitpunkt war ein Fehler, dort ist vor allem im Sommer was los. Aber so lernt man.«

Anschließend in die Hofgasse neben das Restaurant »Hofkeller«: »Ein toller Standort mit sehr heiterem Anschluss an die dortigen Geschäftsleute, fast wie auf einem Dorfplatz. Und die Kundschaft war eine Mischung aus Grazern und Touristen.« Dann kam Corona. »Nach der ersten Regelung hätte ich das Geschäft verlassen müssen, wenn ein Ehepaar hereingekommen wäre, weil nur 20 Quadratmeter Platz war. Und dann der erste Lockdown, aber die Miete war trotzdem weiter zu bezahlen.« So war 2020 nach drei Jahren auch dort Schluss. Weil Christine Danda das Geschäft aus reiner Freude an schönen Dingen und freundlichen Menschen betreibt, sollte das Hobby auf keinen Fall Sorgen bereiten. Denn in ihrem früheren Leben war sie Lehrerin und heute ist sie Pensionistin. Eine, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Aber auch die »lange Weile« wurde ihr zur Motivation, etwas ganz anderes zu machen.

Schon als Lehrerin war sie ein Wandervogel und ging nach der zweijährigen Ausbildung zur Volksschullehrerin an der »Pädak«, der heutigen Pädagogischen Hochschule Steiermark, im Jahr 1973 nach Berlin, der Liebe wegen. Dort klopfte sie an entsprechender Stelle an, ob sie einen Job als Lehrerin bekommen könnte. Ihr heutiger Kommentar dazu: »Manche Dinge macht man nur, wenn man jung ist.«

Immerhin wurde sie gefragt, ob sie lieber nach Neukölln oder nach Kreuzberg wolle. Aber was weiß man als junger Mensch schon, noch dazu fremd in der Stadt. Sie entschied sich für Neukölln, einen Stadtteil von Berlin der – Stand heute – mehr Einwohner als ganz Graz hat, die sich aus 160 Nationen rekrutieren. Damals war es nicht ganz so krass wie heute, aber als heißes Pflaster galt es allemal, insbesondere für Lehrer und Lehrerinnen: »Da musste ich mir die ersten Sporen hart verdienen.« Die Rückkehr nach vier Jahren geriet zum Kulturschock: Die Volksschüler in Neudau bei Hartberg waren so brav, dass sie der Lehrerin eine höhere Autoritätsstufe zugestanden als den eigenen Eltern. Was wiederum nicht allen Eltern recht war. Christine Danda: »Ich habe fast wöchentlich um Versetzung angesucht.« Die nach einem Jahr auch erfolgte – an die Hauptschule in Neudau bei Hartberg, ein Haus weiter. Dann wurde es härter: Versetzung an das Polytechnikum in Frohnleiten als Klassenvorstand im 2. Klassenzug und schließlich für 28 Jahre an die Hauptschule Algersdorf in Graz. Bis zur Pensionierung im Jahr 2008. Zugleich der Beginn als Jägerin und Händlerin von Secondhanddingen, die ihr selbst gefallen.

So wandert Christine Danda heute viermal in der Woche mit ihrem Pudel Gina von der Ragnitz bis in ihr Geschäftslokal in der Stadt und macht das, was sie schon vor mehr als 40 Jahren in der »Fabrik«, dem ehemaligen Flohmarkt in der Plüddemanngasse, kennen- und lieben gelernt hat, als sie gemeinsam mit ihrem Mann mit den aussortierten Gegenständen der Eltern damals sagenhafte 2.000 Schilling lukrieren konnte: Mit schönen Dingen, die sie auf Flohmärkten in Österreich und Oberitalien sowie im Internet zur eigenen Freude ersteht, anderen Freude bereiten, indem sie sie restauriert und weiterverkauft. »Es ist das Gegenteil dessen, was ich vorher gemacht habe. Die Leute kommen freiwillig und kaufen gerne bei mir ein. Und ich habe immer jemand zum Plaudern.«

*

Christine Danda wurde im April 1952 in Graz geboren, sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Vater war technischer Leiter im ORF Steiermark, die Mutter Hausfrau. Nach den Volksschulen in Dobl und St. Radegund sowie den Gymnasien Lichtenfels und Seebacher wurde sie Volks- und Hauptschullehrerin. Seit ihrer Pensionierung betreibt sie Handel mit Secondhandwaren, aktuell in der »Augenweide« in der Leonhardstraße 16 in Graz.

Fazitbegegnung, Fazit 201 (April 2024) – Foto: Andreas Pankarter

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