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Der Unüberhörbare

| 6. Juni 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 203, Fazitbegegnung

Foto: Andreas Pankarter

Wer hat den lautesten Lacher von Graz? Was für ein billiger Beginn. Aber, ich sag einmal so: Wenn ich wissen will, ob Rupert Felser da ist, mach ich nicht die Augen auf, sondern die Ohren, capisce?

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Tatsächlich wurde sein – gelinde gesagt prägnanter – Lacher schon in Dezibel gemessen oder im Radio bei »Antenne Steiermark« gesendet oder auch als Klingelton verwendet. »Aber nicht lange, es hat die Leute genervt«, sprach‘s und lachte das erste von gezählten 34 Mal während des Gesprächs. (Beweis: Tonaufnahme am Handy.) Natürlich werde er oft darauf angesprochen, aber es sei schlicht angeboren, schon die Kindergärtnerinnen hätten sich bei seinen Eltern beschwert und Zeitungsleser im alten Operncafé zu Zeiten des Schaulaufens und des genagelten Schuhwerks es als Affront empfunden. Heute stimmen die meisten mit Rupert Felser überein, manche gar ins Lachen ein, wenn er meint: »Es ist befreiend und spannungslösend für alle.« Der Werbeprofi, der seit 1987 mit der Werbeagentur »Werbeteam Graz« selbstständig ist, hat aber auch eine »ernstere« Seite.

Er ist seit mehr als zehn Jahren Bezirksvertreter für die ÖVP, genauer im Bezirksrat Innere Stadt, noch genauer 2. Bezirksvorsteher-Stellvertreter als Nachfolger von Ludmilla Haase. Außerdem ist er Wirtschaftsbundobmann für die Innere Stadt. Dass der passionierte Porschefahrer damit seine Lieblingsautomarke finanziert, ist auszuschließen. Der WB-Obmann ist ein ehrenamtlicher Job und der 2. BV-Stellvertreter wird mit gerade einmal 400 Euro entlohnt. Der kreative wie auch politische Kopf ist zugleich ein bunter Hund und das in vielerlei Hinsicht. Am Beispiel Auto: Der Cayman ist zurzeit sein fünftes Arbeitsgerät aus Zuffenhausen, nach vier »911ern« als Targa, als Riesenspoi- lerträger und als Allrad; sein erstes Auto aber läßt Kennerherzen höherschlagen – ein Austin A30 Seven (Auffahrunfall in der Annenstraße). Nach dessen Gegenteil, was Platz und Benzinverbrauch betraf (alter BMW 750), folgte ein feminines Cabrio (Renault Caravelle mit undichtem Heckfenster) und schließlich ein Pontiac Firebird (»mein billigstes Auto«). Am Beispiel Ausbildung und Job: Rupert Felser, am Hauptplatz ein Mädchen küssend, grüßt genau deshalb einen seiner Lehrer nicht, der ihm darauf aufsitzt, wie Torbergs »Gott Kupfer« dem »Schüler Gerber«, was den Fünftklässler veranlasst, das Pestalozzigymnasium zu verlassen und Lithograph in der Druckerei Wall zu werden: »Das war der Grundstein für alles, was ich danach im Druckereigewerbe und in den Agenturen gemacht habe.« Nach der Lehre wechselt er jährlich den Job als Grafiker, Marketer, Verkäufer oder Agenturleiter von Schilcher Siebdruck zum Landwirteverband, zur »Progress-Werbeagentur«, zu »VIA«, zur »MMD« und zu »Grazer Plastik & Siebdruck«. Das Jobhopping endet in der Hausdruckerei der Gebietskrankenkasse, »wo ich natürlich sofort zur Partei gegangen bin«. So kommt es, dass der heutige schwarze Bezirksvorsteherstellvertreter früher rotes Parteimitglied war. Dass er in seinem – immerhin roten – Porsche zum Dienst erschien, ist damals ein Maluspunkt. Er wird gebeten, etwas weiter weg zu parken.

Doch die Arbeit gefällt ihm und er darf nebenerwerbstätig bleiben: »Das war wichtig, um meine Agentur aufzubauen.« Nach sechs Jahren wird die Doppelbelastung zu viel, die goldene Zeit der Werbeagenturen war angebrochen und Rupert Felser mischt mit bis zu sechs Mitarbeitern im »Werbeteam« mit. Auch an diesem Beispiel kunter wie bunt: Felser schafft es in dieser Zeit, als das Agenturgewerbe noch »gebunden« war, und Zulassungs- bzw. Eignungsprüfungen zu absolvieren waren, ohne Agenturschein durchzukommen. Mit vier Gewerbescheinen. Heute kein Thema mehr, das Gewerbe ist längst freigegeben.

Die goldenen Zeiten sind vorbei und allein in der Steiermark soll es bereits 1.200 Agenturen geben. Auch das »Werbeteam Graz« hat sich verkleinert, ist von der Kapitalgesellschaft wieder zum Einzelunternehmen geworden. »Aber ohne jemals in Konkurs gehen zu müssen« betont Felser. Er arbeitet heute mit Freelancern und das funktioniere sehr gut. Die Entwicklung von der Zeit in den Neunzehnachtzigerjahren »als die Bilder in Form von Gifs laufen lernten« bis zur heutigen Digitalisierung in der Branche hat er mit viel Spaß mitgemacht, wenn auch heute kleinere Brötchen gebacken werden. Aber seine Kundenliste ist noch immer lang und reicht von den ganzen Mally-Events über viele Gastrobetriebe wie »Bacherlwirt«, »Livorno« oder »Herzl-Weinstube« über den Grazer Seniorenbund, »Kitsch & Kunst« bis zu Apotheken in Wien. Unterwegs ist Rupert Felser nach wie vor sehr viel. »Aus Freude an der Sache«. Und unüberhörbar.

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Rupert Felser wurde am 9. November 1956 in eine Beamtenfamilie mit zwei Geschwistern hineingeboren, besuchte die Volksschule Muchargasse und machte nach der Unterstufe des Pestalozzigymnasiums eine Lehre als Lithograph. Er ist geschieden und hat eine Tochter. Nach Wanderjahren durch verschiedene Unternehmen gründete er 1987 seine eigene Agentur »Werbeteam Graz«. Seit 2013 ist er Bezirksrat, seit 2016 Wirtschaftsbundobmann und auch Bezirksvorsteherstellvertreter jeweils für die Innere Stadt in Graz.

Fazitbegegnung, Fazit 203 (Juni 2024) – Foto: Andreas Pankarter

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