Anzeige
FazitOnline

Bundesländer sind Teil der Erfolgsgeschichte Österreichs

| 12. Juli 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 204, Gastkommentar

Foto: Barbara MajcanEin Gastkommentar von Christopher Drexler.

Immer wieder wird von Föderalismuskritikern erklärt, dass die Bundesländer teuer und ineffizient wären. Mir ist keine einzige Studie oder Untersuchung auf der Welt bekannt, die darlegen würde, dass zentral organisierte Staaten effizienter sind als dezentral organisierte.

::: Hier im Printlayout online lesen

Im Gegenteil, es gibt viel Evidenz, dass dezentral organisierte Staaten effizienter sind. Denn ein Land kann gestalten, kann etwas für seine Bürgerinnen und Bürger erreichen. Was meine ich damit? Wenn in irgendeinem Département der zentralistisch regierten französischen Republik eine wirtschaftliche Krise auftaucht, ein Industriebetrieb oder ganze Industriezweige abzuwandern drohen, hunderte Arbeitsplätze in Gefahr sind: Wer kümmert sich dann darum? Wer kümmert sich darum, dass eine Region vital bleibt und Zukunft hat? Die Zentralregierung in Paris? Wohl kaum.

Hier kann nur die Region, die das Ohr an den Sorgen der Bevölkerung hat und vor Ort für Perspektiven sorgt, ein starkes Sprachrohr sein. In Österreich gibt es neun Bundesländer, die ein solches Sprachrohr sind. Wo es in jedem Bundesland immer jemanden gibt, der sich darum kümmert, dass seine Region, dass seine Landsleute, Zukunft und Perspektive haben. Die für deren Anliegen eintreten, die aber dadurch auch in einem positiven Wettbewerb zueinander stehen. Ich bekenne mich dazu, dass der Föderalismus Wettbewerb bedeutet. Einen positiven Wettbewerb um die besseren Ideen. Um die besseren Chancen für die Zukunft. Diese Chancen nutzen wir, weil wir die Steiermark gestalten wollen. Daher setzen wir uns ja auch tagtäglich lautstark ein und vertreten steirische Interessen in Wien und auf europäischer Ebene. Auch trotz des Risikos, dabei von Föderalismuskritikern – die auffällig oft nur in der Bundeshauptstadt beheimatet sind – in Frage gestellt oder gar belächelt zu werden.

Wie bedeutsam eine selbstbewusste Vertretung einer Region ist, hat die steirische Landesregierung in den vergangenen Jahren mehrfach unter Beweis gestellt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Biomasse als erneuerbarer und natürlich nachwachsender Rohstoff ist für die Steiermark als waldreichstes Bundesland ein unerlässliches Standbein, um die Energiewende und insbesondere die Versorgungssicherheit und Energieunabhängigkeit zu schaffen. Da würde es einem Schildbürgerstreich gleichkommen, wenn man in Zeiten verstärkter Bemühungen hin zu mehr Klimaschutz auf die Idee kommen würde, die Biomasse zu verteufeln und ihren Status als erneuerbaren Energieträger abzuerkennen. Selbiges war allerdings Thema auf europäischer Ebene, eine deutliche Verschlechterung für die steirischen Bemühungen, die Nachhaltigkeitsziele der Union zu erreichen, sowie große Herausforderungen für die steirische Waldwirtschaft wären die Folgen gewesen. Starker steirischer Druck hat wesentlich dazu beigetragen, dass die EU diesen Holzweg verlassen hat und Biomasse weiterhin als erneuerbarer Energieträger gilt.

Nicht minder bedeutend ist unser Kampf für den dreispurigen Ausbau der A9 südlich von Graz. Der Umstand, dass die A9 chronisch überlastet ist, die notwendigen Ausbaupläne von Verkehrsministerin Gewessler vom Tisch gewischt werden und sich der Verkehr zusehends in die Umlandgemeinden verlagert, ist eine große Belastung für Pendler, Anrainer und nicht zuletzt auch für die heimische Wirtschaft. Der Verkehr gehört weg aus den Ortszentren und wieder dorthin, wo er hingehört – auf die Autobahn. Wir werden daher in Bezug auf den dreispurigen Ausbau gegenüber Verkehrsministerin Gewessler nicht lockerlassen. Hier wird man die Sturheit der Steiermark in Wien noch kennenlernen!

Dieser entschlossene Einsatz für die eigenen Bürgerinnen und Bürger, verbunden mit einem positiven Wettbewerb der Bundesländer untereinander, ist eine der wesentlichsten Stärken des österreichischen Föderalismus und damit ein wesentlicher Teil der Erfolgsgeschichte Österreichs. Daher werde ich auch nicht müde werden, all jene, die die Bedeutung der Bundesländer kleinreden oder gar spöttisch von »Landesfürstentümern« sprechen, vom Gegenteil zu überzeugen. Denn die Länder erfüllen eine Vielzahl an Aufgaben, die unmittelbar vor Ort wirken. Damit es eben keine zwei Entwicklungsgeschwindigkeiten gibt – hier die Städte, dort der ländliche Raum. Sondern eine gemeinsame Bewegung vorwärts. Die Bedeutung eines Bundeslandes – die Bedeutung unserer Steiermark – ist also noch viel größer, als die Buchstaben unserer Verfassung vermuten lassen.

Mag. Christopher Drexler (53) ist seit dem 4. Juli 2022 Landeshauptmann der Steiermark.

Zu Gast bei Fazit, Fazit 204 (Juli 2024), Foto: Barbara Majcan

Kommentare

Antworten