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Fazitthema Elektromobilität

| 12. Juli 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 204, Fazitthema

Foto: Aneta Pawlik/unsplash, Grafiken: Freepik

Ist der E-Auto-Boom vorbei? Die Nachfrage nach E-Autos im europäischen Raum geht deutlich zurück – mit teils dramatischen Folgen. Ideologische Verbissenheit und wirtschaftliche Fehleinschätzungen bringen sogar den Green Deal in Gefahr. Ein Text von Johannes Roth.

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Seit Mitte Juni ist endgültig klar: Der E-Auto-Hersteller Fisker ist pleite. Gespräche über eine Finanzspritze mit Nissan waren gescheitert und somit der letzte Hoffnungsschimmer verblasst. Die Pleite trifft auch die Steiermark, ließ Fisker doch sehr ambitioniert eines seiner Spitzenmodelle bei Magna in Graz fertigen: 40.000 Stück pro Jahr hatte man zu Beginn der Kooperation ins Auge gefasst; tatsächlich gebaut hatte man dann nicht einmal 10.000. Bereits Anfang Mai war über die hiesige Niederlassung ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet worden, 500 Magna-Mitarbeiter mussten gehen, 615 Gläubiger waren betroffen, die Verbindlichkeiten wurden mit 1,34 Milliarden Euro angegeben. Stellt sich die Frage: Wie konnte das in einem Markt passieren, der vor wenigen Monaten noch als der Hoffnungsmarkt schlechthin galt?

Wirtschaftliche Kurzsichtigkeit und schlechtes Management
Bei Fisker trafen strategische Fehlentscheidungen und politische Entwicklungen aufeinander, sodass das Unternehmen eigentlich keine Chance hatte. Ausgangspunkt war die Entscheidung, sich vom Autobauer Magna abhängig zu machen: Anders als andere E-Autohersteller hatte Fisker kein eigenes Werk, sondern ließ im Auftrag bauen. Ein Großteil der Umsatzes sollte dafür an Magna fließen. Der aber ließ zu wünschen übrig: Der Inflation Reduction Act Joe Bidens bevorzugt die Kunden von Produkten, die in den USA hergestellt wurden. Fisker fiel also um die US-Förderung für E-Autos (bis zu 7.500 $) um. Der in Graz gebaute Ocean war auf dem wichtigen Markt nicht mehr konkurrenzfähig. Man brauchte frisches Geld. Nur: Woher nehmen? Den Bestand mit Rabatten abzuverkaufen war eine Idee. Doch dafür bedurfte es einerseits viel Verständnis von Magna, andererseits machten bereits erste Insolvenzgerüchte die Runde – womit der Wert der Gebrauchtwagen und damit zusammenhängend auch der des Bestandes sank. Eine andere Möglichkeit ist in so einem Fall die Finanzierung über ein Joint Venture mit einem anderen Autobauer – aber dafür ist in der Regel zumindest zweierlei nötig: Die Patentrechte, die aber zu einem großen Teil beim Hersteller Magna lagen. Und, zweitens, eine Marke mit Strahlkraft – doch Fisker hatte offensichtlich das Marketing vernachlässigt.

Das Marketing war aber nur eines von zahlreichen internen Problemen Fiskers. Das Management soll so schlecht gewesen sein, dass im Unternehmen das reine Chaos geherrscht habe, berichtet das Handelsblatt. Zu allem Überfluss hatte Gründer Henrik Fisker ein hausgemachtes Compliance-Problem, das eine Finanzierung zusätzlich erschwerte: Er hatte nicht nur die eigene Ehefrau zur Finanzchefin gemacht, sondern selbst auch einen guten Teil seiner Aktien zu Geld gemacht – was beides nicht geeignet ist, um bei etwaigen Investoren Vertrauen zu wecken. Auch der Fisker Ocean selbst war wenig vertrauenerweckend, sondern im Gegenteil von Anfang an mit zahlreichen gravierenden technischen Problemen behaftet.

Zahlreiche Pleiten, reduzierte Aufträge, hohe Subventionen
Falls Henrik Fisker Trost sucht, wird er ihn vielleicht darin finden, dass er nicht der einzige E-Auto-Hersteller ist, der in jüngster Zeit in die Pleite geschlittert ist. Die Marke teilt sich das Schicksal zum Beispiel mit dem Pick-up-Hersteller Lordstown Motors oder dem Bushersteller Arrival. Von der Insolvenzanmeldung des schwedischen E-Truck-Start-ups Volta war auch ein prominenter Steirer mitbetroffen: Siegfried Wolf. Dessen erst 2021 im zweiten Anlauf übernommene Steyr Automotive (früher Steyr MAN) sollte für Volta 14.000 Trucks pro Jahr produzieren. Daraus sind nun nach Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer von Volta deutlich weniger geworden.

Womit sich eine Frage aufdrängt, deren Beantwortung für die Zukunft der deutschen und damit auch der österreichischen Industrie von eminenter Bedeutung ist: Was wurde aus dem E-Auto-Boom? Falls es einen solchen je gegeben hat – was einige namhafte Experten verneinen. Denn der Markt hat in Europa durch außen- und innenpolitische Fehlentscheidungen eigentlich nie richtig Fahrt aufgenommen. Was den Verdacht nahelegt, dass E-Autos gegenüber Verbrennern schlicht und einfach noch nicht konkurrenzfähig sind. Zu teuer in der Anschaffung und zu kompliziert wiederaufzuladen sind die Hauptvorwürfe. Dabei hatte es noch 2022 eigentlich nicht schlecht ausgesehen: Mit staatlichen Subventionen, technologischen Fortschritten und einem gesteigerten Umweltbewusstsein stiegen auch die weltweiten Verkaufszahlen.

Marktsättigung
Doch der rasante Aufwärtstrend flachte überraschend schnell ab. Wer E-Auto fahren wollte und es sich leisten konnte, der fährt es jetzt – die zunehmende Marktsättigung ist tatsächlich vor allem in Europa ein Problem geworden. Weltweit wurden Millionen von E-Autos verkauft, viele der umweltbewussten Early Adopters haben bereits auf Elektrofahrzeuge umgestellt. Dadurch nimmt die Anzahl der potenziellen Neukäufer in Europa ab. Gleichzeitig zeigen Studien, dass die meisten Käufer eines E-Autos zur Mittelschicht und oberen Mittelschicht gehören, deren Marktpotenzial mittlerweile weitgehend ausgeschöpft ist.

Dazu trägt natürlich auch bei, dass die staatlichen Subventionsprogramme sich verändern. In vielen Ländern wurden die Kaufprämien für E-Autos im Laufe des Jahres 2024 reduziert oder ganz abgeschafft: In Österreich fällt die Förderung für Betriebe weg, die bisher einen wesentlichen Anteil am Absatzwachstum hatten. Dadurch stiegen die Preise für die Käufer bis 2024 im Vergleich zu 2022 je nach Modell um elf bis 33 Prozent, wobei bei den kleineren – und damit bisher erschwinglicheren – Autos die Preissprünge am größten sind. Die Nachteile von E-Autos beim Kaufpreis nähmen damit weiter zu, warnte eine Prognose von Ferdinand Dudenhöffer und seiner Kollegin Helena Wisbert vom Duisburger CAR – Center Automotive Research – schon Anfang des Jahres. In Österreich wird jedoch weiterhin subventioniert, wenn auch nicht mehr im vollen Umfang des vergangenen Jahres. Gefördert werden etwa weiterhin die Errichtung von Ladeinfrastruktur und der Ankauf von Privat-PKWs – 114 Millionen Euro liegen heuer im Fördertopf. Dennoch überlegen viele Käufer zweimal, bevor sie sich für ein Elektroauto entscheiden, da die Anschaffungskosten im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen weiterhin unverhältnismäßig hoch sind. Abgesehen davon ist die Ladeinfrastruktur weiterhin ein Hemmnis. Besonders in ländlichen Gebieten ist das Netz an Ladestationen noch immer unzureichend. Zudem sorgen lange Ladezeiten im Vergleich zum schnellen Tanken eines Verbrenners weiterhin für Skepsis bei potenziellen Käufern. Die Ladeproblematik ist besonders für Menschen relevant, die keine Möglichkeit haben, zu Hause zu laden, wie beispielsweise für Stadtbewohner ohne eigene Garage.

Globale Nachfrage weiter hoch
In Summe also schwierige Voraussetzungen für E-Autos allein schon hinsichtlich Preis-Leistung, zahlreicher technischer Aspekte und Infrastruktur. Dazu kommt eine ungünstige Gemengelage auf den globalen Märkten. Während jedoch der Boom in Europa aus den genannten Gründen abflacht, nimmt die Nachfrage in China gerade erst so richtig Fahrt auf. Das zeigt auch eine Studie von Strategy&, dem globalen Strategieberatungsunternehmen von PwC: Nach dem rasanten Rekord-Wachstumskurs im Jahr 2023 wird der E-Auto-Boom in Österreich vorerst etwas ausgebremst: Der Absatz von rein elektrischen Fahrzeugen (BEVs) wies im ersten Quartal 2024 nun erstmals seit Anfang 2023 wieder einen leichten Rückgang von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf. Weltweit hingegen halte der Boom aber an, wobei größter Treiber, wie auch Strategy& bestätigt, China sei. Der globale E-Automarkt wuchs im ersten Quartal 2024 um 19 Prozent – demgegenüber steht der konventionelle KFZ-Markt, der weltweit nur um vier Prozent wuchs. Die nackten Zahlen zeigen, wohin die Reise geht: Sowohl batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) als auch Plug-in-Hybride (PHEV) erreichten im ersten Quartal 2024 neue Rekordwerte in der Marktdurchdringung. Strategy& gibt den weltweiten Marktanteil von BEVs mit mittlerweile zwölf Prozent an, während PHEVs sieben Prozent erreichten. Während die Elektrotransformation bisher hauptsächlich von BEVs vorangetrieben wurde, erleben nun PHEVs und Hybride eine Renaissance. Im ersten Quartal 2024 überholten sie die reinen Elektrofahrzeuge mit beeindruckenden globalen Wachstumsraten von 57 Prozent für PHEVs und elf Prozent für Hybride.

Politikum E-Autostrategie
Vordergründig bestätigt also die globale Nachfrage die Strategie der Autokonzerne, ihre Verbrennerfahrzeuge ab 2035 völlig aus den Showrooms der Autohäuser zu verbannen und stattdessen EU-weit E-Autos zu favorisieren. Aber, wie gesagt, nur vordergründig – denn weder die europäische Politik noch die Manager der großen europäischen Autokonzerne haben die tatsächliche globale Entwicklung richtig eingeschätzt. In Deutschland wie in Österreich ist die Diskussion um das Verbrenner-Aus daher längst zum Politikum geworden. Kein Wunder: Die Automotive-Industrie ist traditionell in beiden Ländern ein maßgeblicher Treiber für Wohlstand und soziale Sicherheit. Alleine die Autozulieferindustrie in Österreich beschäftigt 81.000 Arbeitnehmer, die insgesamt 28,5 Milliarden Euro an Umsatz erwirtschaften und bringt einer Studie des Industriewissenschaftlichen Institutes (IWI) zufolge eine direkte Wertschöpfung von neun Milliarden Euro. Einen Großteil ihrer Produktion exportiert die Sparte nach Deutschland; die Steiermark – insbesondere der Großraum Graz – ist eines der bedeutendsten Zentren des Zulieferbereiches. Mit einem Anteil von sechs Prozent an der gesamtwirtschaftlichen Leistung ist die Automotive-Industrie der sechstgrößte Wirtschaftszweig Österreichs. Über 700 Unternehmen sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums der Branche direkt zuzurechnen, einschließlich der Zulieferbetriebe sowie der vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche sind rund 355.000 Personen beschäftigt.

Diese Wirtschaftsleistung vor Augen habend, steht auch die Haltung des Bundeskanzlers außer Diskussion: Karl Nehammer hatte ja seit 2023 bei mehreren Gelegenheiten betont, dass Österreich ein Autoland sei und er sich deutlich gegen ein absolutes Verbrennerverbot ausspreche. Wobei er damit – entgegen dem grünen Spin – weder die E-Mobilität noch die Klimaziele in Frage stellte, sondern für Technologieoffenheit plädierte. Denn es gibt durchaus klimafreundliche Alternativen zum elektrischen Antrieb. Wasserstoff ist eine davon, E-Fuels eine andere.

Dabei handelt es sich um synthetische Kraftstoffe. Um sie herzustellen, wird durch Wind- oder Sonnenenergie mittels Elektrolyse Wasserstoff und anschließend flüssiger Kraftstoff erzeugt. Dabei gehen, so sagen Kritiker, etwa 60 Prozent der ursprünglich im Strom enthaltenen Energie verloren. Wird der so erzeugte E-Fuel in einem Verbrennungsmotor genutzt, gehen weitere 70 Prozent der im Kraftstoff gespeicherten Energie verloren. Das bedeutet, dass bei der Verwendung von E-Fuels nur etwa zehn Prozent der ursprünglich im Strom vorhandenen Energie genutzt werden, was der Hauptkritikpunkt der E-Fuel-Gegner ist. Autos, die mit E-Fuels betrieben werden, benötigen pro Kilometer etwa fünf Mal so viel Energie wie batterieelektrische Fahrzeuge. Zudem sei die notwendige Menge Sonnenenergie nur in Nordafrika in ausreichender Kapazität vorhanden; dort aber fehlt es am Wasser, das ebenfalls in enormer Menge zur Herstellung von E-Fuels gebraucht wird.

Die Steiermark als E-Fuel-Land
Nichtsdestotrotz wird gerade in der Steiermark intensiv an der Herstellung und Nutzbarmachung von Wasserstoff für E-Fuels geforscht – unter anderem an der TU-Graz, an der Montanuni Leoben oder bei Privaten wie der AVL-List. Es ist genau diese Technologieoffenheit, die eingemahnt wird. Nicht nur vom Bundeskanzler, sondern auch von Landeshauptmann Christopher Drexler, der im Rahmen des Autogipfels im Kanzleramt einmal mehr klare Worte fand: Klimaschutz braucht technologischen Fortschritt und nicht ideologische Verbissenheit.

Genau die legen jedoch die Grünen an den Tag: In ihrer Darstellung ist Technologieoffenheit gleichbedeutend mit dem unumstößlichen Festhalten an fossilen Brennstoffen und wird daher als Gefahr für das Erreichen der Klimaziele identifiziert. Die auf Verbrennermotoren ausgerichtete heimische Industrie, die zehntausenden Arbeitsplätze und die damit verbundene enorme Wirtschaftsleistung spielen im Konzept der Grünen – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle. In einer Reaktion auf die Rede des Bundeskanzlers, in der dieser Österreich einmal mehr als Autoland bezeichnet hatte, verwiesen sie auf politische Leistungen wie den Plastikpfand oder das Verhindern dringend notwendiger Straßenbauprojekte (Lobautunnel, Ausbau der A9). Gewessler werde sich von ihrem Weg sicher nicht abbringen lassen, denn unser Ziel heißt Klimaglück. Um dieses Ziel zu erreichen, plant Gewessler, die Vorgaben der Europäischen Union – Verbot von Neuzulassungen für KFZ mit Verbrennungsmotor ab 2035 – zu übertreffen und in Österreich schon 2030 ein solches Verbrennerverbot zu erreichen, denn – Zitat Gewessler – ein bisschen Technologie und ideologisches Festhalten am Verbrenner werden das Klima nicht retten.

Festhalten an E-Autos oder europäisches Zurückrudern
Dass das vielbeschworene Klimaglück unter Technologieoffenheit nicht leidet, weil das Ziel ja die Reduktion von CO2 ist (und nicht per se der möglichst energieeffiziente Antrieb von KFZ), ignorieren die Grünen. Das sture Festhalten am E-Auto ist dabei rational nicht mehr erklärbar: Weltweit steht ein völliges Verbot von Verbrennern nur in der Europäischen Union zur Debatte, keine andere Volkswirtschaft riskiert die damit verbundenen Umwälzungen. Dabei ist der E-Auto-Boom der vergangenen Jahre durch hohe Förderungen zu einem großen Teil politisch induziert. Tatsächlich sind E-Autos gegenüber herkömmlichen KFZ am freien, unsubventionierten Markt noch immer nicht konkurrenzfähig: zu teuer, zu geringe Reichweite und eine unzureichend ausgebaute Ladeinfrastruktur, für die selbst dann, wenn sie vollausgebaut wäre, die Netzkapazitäten einfach nicht ausreichen würden.

Längst hat man in großen Industrieländern der EU erkannt, dass die Evaluierung des Quasi-E-Auto-Gebotes wirtschaftlich von entscheidender Bedeutung ist – auch in der Steiermark. Kein Wunder, dass immer mehr Politiker und Hersteller die Strategie des allzu schnellen Verbrennerverbietens in Frage stellen – die ja eigentlich nur indirekt eine Vorgabe der EU ist, fordert sie doch von den Herstellern genau genommen, ab 2035 nur mehr Autos auf den Markt zu bringen, die keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Mit welcher Technologie dieses Ziel erreicht werden soll, ist offengelassen. Seit vergangenem Jahr rudert auch die EU zurück: Bis 2035 werden die Flottengrenzwerte schrittweise gesenkt. Die EU-Gremien planen, 2026 die Wirksamkeit und Realisierbarkeit der vorgesehenen CO₂-Reduktion zu überprüfen. Falls notwendig, könnten die Gesetze dann nochmals angepasst werden. Im Herbst 2024 soll außerdem geklärt werden, ob und wie E-Fuels zur CO₂-Neutralität beitragen können. E-Autos können gemäß den EU-Vorgaben übrigens auch nach 2035 weiterhin mit fossil hergestelltem Strom betrieben werden.

Immer mehr Hersteller überdenken ihre bisherige Electric only-Strategie. So hat zum Beispiel Mercedes-Konzernchef Ola Källeniusim Rahmen der Hauptversammlung Anfang Mai bekannt gegeben, die ursprüngliche Strategie, nach der bis 2025 E-Autos bereits die Hälfte des weltweiten Absatzes ausmachen sollten, aufzugeben. Die Transformation könnte, so Källenius, länger dauern als gedacht, weshalb man sich eher in Richtung hochmoderner elektrifizierter Verbrenner orientieren wolle. Eine dramatischere Kehrtwende vollzog VW: Das Unternehmen hatte 2021 nach dem Diesel-Skandal aus Imagegründen in der EU aggressiv für E-Autos lobbyiert und so den Boom mitausgelöst – nur um jetzt festzustellen, dass der Absatz der Verbrennermotoren aus dem Hause VW so hoch ist, dass man nun in der EU um Nachsicht wegen der Nichterreichung der CO2-Vorgaben bitten muss. Die Folge ist eine völlige Neuorientierung: Die Suche nach externen Investoren für die Batteriesparte wurde aufgegeben, ebenso die Pläne für ein zwei Milliarden Euro teures Werk für E-Autos.

Hohe Zölle auf E-Autos
Ähnliche Neuorientierungen vollziehen Stellantis, Ford oder BMW. Selbst Tesla ist von der Abkühlung des E-Auto-Booms betroffen: Der US-Autobauer habe in diesem Jahr 235 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung verloren, mehr als das Dreifache der aktuellen Bewertung von VW, berichtet Die Presse. Was zeigt: Wer Klimaschutz denken will, der muss global denken. Die Regulierung lokaler und regionaler Märkte schadet der Wirtschaft mehr, als sie dem Klima nützt. Dies umso mehr, als China und die USA hinsichtlich E-Autos längst das Marktgeschehen bestimmen: In China haben die dortigen Hersteller europäische Hersteller ausgebremst, zudem dominieren sie den Markt für Batterien, was Europa in eine gewisse Abhängigkeit bringt. Die Reaktion der EU: Sie verteuert die Einfuhr von E-Fahrzeugen aus China erheblich. Die Europäische Kommission will auf chinesische Elektroautos Zölle von bis zu 38,1 Prozent erheben. Dem Vernehmen nach hätte Deutschland – einschließlich Teilen der Regierung und Industrie – diese Zollhöhe gerne vermieden, konnte sich aber gegen Frankreich und Spanien nicht durchsetzen. Man muss kein Wirtschaftswissenschafter sein, um zu erkennen, dass das zu einem weiteren Abflauen der Nachfrage nach E-Autos führen wird.

Fazitthema Fazit 204 (Juli 2024), Foto: Aneta Pawlik/unsplash, Grafiken: Freepik

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