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Fazitthema Bildung

| 14. August 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 205, Fazitthema

Foto: Museums Victoria/unsplash

Bildung auf dem Weg ins Mittelmaß! Kaum ein Thema ist so komplex wie der Erwerb von Wissen und Fertigkeiten. Das beginnt mit der Frage, was wir unsere Kinder lehren müssen, und endet mit der Erkenntnis, dass die das gar nicht lernen wollen. Unklar ist auch, wie und von wem unterrichtet werden soll. Ein Text von Johannes Roth.

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Rechtzeitig zu Ferienbeginn nutzte die Nationalratsabgeordnete Eva Bliminger, ihres Zeichens Wissenschaftssprecherin der Grünen, die Sitzung Anfang Juli, um mit einem knackigen Sprüchlein noch schnell eine kleine Bildungsdiskussion anzuzetteln. Wissen über Aktien, so die ehemalige Rektorin der Akademie für Bildende Künste, sei überbewertet. Wenn es darum ginge, sich auf das Leben vorzubereiten, sei die Notwendigkeit, Finanzwissen zu erwerben, nicht so wichtig, meinte sie. Für die Praxis des Lebens wär’s g’scheiter, sie lernen kochen und nicht Finanzwissenschaften.

Dem vorausgegangen war eine Diskussion zu einem Antrag der Neos, der auf ein besseres Bildungssystem abzielte. Das Thema ist den NEOS wichtig: Schon vergangenes Jahr hatte Beate Meinl-Reisinger – selbst Mutter dreier Kinder – das Thema für sich entdeckt und war von einer Fact Finding Mission aus Estland und Finnland begeistert und voller guter Ideen zurückgekehrt.

Ideologie statt Wissenschaft
Vor allem die estnische Bildungsstrategie hatte die Neos-Chefin beeindruckt, ebenso wie das oberste Ziel, das sie in beiden Ländern ausgemacht zu haben glaubte: Dass sich Lehrer und Schüler in der Schule wohlfühlen würden. Die Bildungsstrategie fehle in der politischen Agenda der Bundesregierung völlig und auch um den Wellnessfaktor sei es in der Schule schlecht bestellt. Man setze hierzulande auf Ideologie, doktere ohne Strategie am Bildungssystem herum und überhaupt: Die wissenschaftliche Evidenz fehle, der Bildungsminister sei eine Fehlbesetzung, befundete Meinl-Reisinger. Ihren Worten ließ sie Taten folgen und zwar dort, wo die Neos Regierungsverantwortung tragen: in Wien. Um den Bildungserwerb zu attraktivieren, reaktivierten Meinl-Reisinger und Neos-Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Chris Wiederkehr den Politpensionär und Wohlfühlexperten Matthias Strolz. Ihn statteten sie mit einem beachtlichen Beratungsauftrag aus. Strolz’ Ziel: Wien müsse zur Flügelheber-Hauptstadt werden.

Hauptproblem Migration
Gerade in Wien ist das ein hehres Ansinnen. Denn angesichts der veröffentlichten Zahlen und gesammelten „Evidenzen“ aus dem Lehrkörper drängt sich der Verdacht auf, dass es mit Flügelheben in der Bundeshauptstadt allein nicht getan ist. Im Gegenteil: Mittlerweile gilt es, dort ein paar grundsätzliche Probleme zu lösen, setzt doch Bildungserwerb zunächst eine Sprache voraus, in der diese Bildung vermittelt wird. Und genau da hapert’s: In Wiens Pflichtschulen sprechen sieben von zehn Schülern im Alltag eine andere Sprache als Deutsch. Und auch der Anteil der Schüler, die als außerordentlich geführt werden, weil sie dem Unterricht überhaupt nicht folgen können, ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern überproportional hoch: 17.800 sind es in Wien. Das liegt natürlich am ebenfalls außerordentlich hohen Ausländeranteil der Bundeshauptstadt: Der Anteil der in Wien lebenden Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist seit dem Jahr 2002 von 16,4 Prozent auf 34,3 Prozent Anfang des Jahres 2023 gestiegen. Der Anteil der im Ausland geborenen Wiener hat sich im selben Zeitraum von 24,6 Prozent auf 39,3 Prozent erhöht, fasst der Integrationsmonitor der Stadt Wien zusammen. Allein der Familiennachzug – vorwiegend aus Syrien und der Ukraine – bedingt, dass die Wiener Schulen um 300 Schüler pro Monat wachsen. Das sind jedes Monat 14 neue Klassen, die in der künftigen Flügelheber-Hauptstadt unterrichtet werden müssen. Wien fordert daher vehement eine bessere Verteilung der Flüchtlinge auf die anderen Bundesländer – die daran begreiflicherweise wenig Interesse zeigen. Denn auch außerhalb Wiens stellt die mangelnde Sprachkenntnis der Schüler ein Problem dar, wenngleich die Bundeshauptstadt mit großem Abstand das Ranking der Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen anführt. In der Steiermark lag der Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Alltagssprache 2022/23 an öffentlichen Pflichtschulen immerhin bei 23,5 Prozent und immer noch bei 14,1 Prozent an höheren Schulen. Das hat nur bedingt damit zu tun, dass die anderen Bundesländer ihre Flüchtlingsquoten nicht erfüllen wollen. Tatsächlich ziehen Flüchtlinge, wenn ihr Asylstatus anerkannt ist, sehr gerne nach Wien, wo die finanziellen Bedingungen für sie einfach besser sind. 75 Prozent aller Asyl- und Schutzberechtigten leben in Wien, weshalb sich die Stadt vehement für eine Residenzpflicht stark macht.

5.000 Vollzeitlehrer fehlen
An dieser Schraube zu drehen, ist politisch und juristisch umstritten. Allerdings stellen Kinder bis sieben Jahre derzeit die größte Asylwerbergruppe, ein Alter, in dem man – gerade was den für den Unterricht so wichtigen Spracherwerb betrifft – noch gegensteuern kann. Wenn man will! Denn dazu müsste man zunächst ein weiteres Problem im Bildungswesen beheben: den Mangel an qualifizierten Pädagogen. Wobei das Bildungsministerium das Problem vordergründig gelöst hat. Die Initiative Klasse Job, bei der sich Quereinsteiger als Pädagogen bewerben können, wurde vergangenes Jahr mit erheblichem finanziellem Aufwand beworben. Die Kommunikatoren haben dabei ganze Arbeit geleistet: Fast 12.000 Bewerbungen für 7.000 zu besetzende Stellen – in Österreich gibt es insgesamt rund 120.000 Lehrer für 1,1 Millionen Schüler – müssen nun abgearbeitet werden. Das ist nicht ganz einfach, denn das Interesse ist ungleich verteilt. Einige Stellen haben zu viele Bewerbungen, andere keine. Jedes Jahr wird darum versucht, Bewerber von Schulen ohne freie Stellen auf Schulen mit offenen Stellen umzuleiten. Es gilt, 5.000 Vollzeitlehrerstellen zu besetzen, wobei ein Drittel als Teilzeitstellen ausgeschrieben wurde. Dies entspricht der aktuellen Teilzeitquote beim Lehrpersonal, die im Westen Österreichs mit 40 Prozent etwas höher ist als im Osten. Allerdings ist gerade im pädagogischen Bereich nicht die Quantität ausschlaggebend, sondern die Qualität: Zum Lehrer muss man nicht nur geboren sein, sondern man muss auch auf ein zunehmend stabiles Nervenkostüm verweisen können. Zumal sich die anekdotischen Erzählungen von sogenannten Brennpunktschulen mit praktisch unerziehbaren Kindern häufen. Schulen mit bis zu 100 Prozent Migrantenanteil stehen hier nicht selten pädagogischen Quereinsteigern gegenüber, für die bei der zweiten Berufswahl weniger die Lust am Unterrichten als die privilegierte Urlaubssituation ausschlaggebend war.

Attraktivierung des Lehrerberufes
Nicht zuletzt deshalb bemüht sich die Bundesregierung, das Problem Lehrermangel einer nachhaltigen Lösung zuzuführen. Eine Novelle der Pädagogen-Ausbildung war überfällig, sie war dann auch tatsächlich Teil eines umfassenden Hochschulrechtspaketes, das im April verabschiedet wurde. Zentraler Punkt war die Anpassung der Lehrerausbildung an das sogenannte Bologna-Modell, um die Studiendauer deutlich zu verkürzen: Das Bachelorstudium soll dadurch drei, das Masterstudium zwei Jahre dauern. Für Lehrer der Sekundarstufe bedeutet das eine Verkürzung des Studiums um ein Jahr, die Verpflichtung zur Absolvierung eines Masterstudiums für das Lehramt, auch im Bereich der Primarstufe, wurde beibehalten. Zudem müssen die Curricula der Studien überarbeitet und den Erfordernissen der Zeit angepasst werden, der Fokus der Lehramtsausbildung verschiebt sich nun von einem eher theorielastigen Studium in Richtung Praxis im Schulbetrieb. Wenn die Kritik aus den Reihen der parlamentarischen Opposition auch überraschend verhalten gewesen war, wollen einige in der Novelle nur einen weiteren Flicken im Teppich eines Schulsystems sehen, das seit Maria Theresias Zeiten im Kern unverändert geblieben sei. Die Polemik ist allerdings ungerechtfertigt, denn zum einen verdanken wir Maria Theresia zahlreiche Strukturen auf den verschiedensten Gebieten der Res Publica, die bis heute unverändert geblieben sind – was sich in Vergangenheit und Gegenwart eher als Vorteil denn als Nachteil erwiesen hat. Zum anderen gehört ausgerechnet das Schulwesen nicht zu den unverändert gebliebenen Regelungen, wurde doch kaum etwas derartig oft und flexibel reformiert, wie das österreichische Schulsystem.

Permanente Veränderung
Die Anfänge des staatlichen Schulwesens in Österreich, wie wir es heute kennen, gehen tatsächlich auf die Schulreform von 1774 unter Maria Theresia zurück: Sie führte nicht nur die öffentliche Staatsschule, sondern auch eine sechsjährige Schulpflicht ein. Kaiser Franz Josef reformierte 1869: Das Reichsvolksschulgesetz wurde erlassen, das gesamte Pflichtschulwesen auf eine einheitliche Basis gestellt und die Schulpflicht von sechs auf acht Jahre erhöht. Gegen Ende der Monarchie 1918 tat sich der Präsident des Wiener Stadtschulrates, ein gewisser Otto Glöckel, mit einer Reform hervor, die ihre Wirkung bis heute entfaltet: Ohne Ansehens des Geschlechts und des sozialen Status sollte allen Kindern eine möglichst gute Bildung ermöglicht werden. 1927 wurde die Hauptschule als Pflichtschule für die 10- bis 14-Jährigen eingeführt, Allgemeinbildende Höhere Schulen waren nach wie vor nur wenigen vorbehalten. 1962 wurde ein umfassendes Schulgesetz verabschiedet, das das gesamte Schulwesen neu regelte: Die Schulpflicht wurde auf neun Jahre verlängert und endlich wurde auch die Lehrerausbildung für die Pflichtschulen reformiert. An Pädagogischen Akademien wurde gelehrt, wie die Vermittlung der Grundbildung am besten vonstatten gehe. Als 2005 Alfred Gusenbauer das Schulwesen reformieren wollte, konnte er das nur im Konsens mit der ÖVP-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer tun – das Ergebnis war ein lauwarmer Kompromiss, der für zahlreiche Proteste sorgte.

Von der Schulbuchaktion bis zur Zentralmatura
Die nächste größere Schulreform wurde 2009 mit der Einführung der Neuen Mittelschule, die die Hauptschulen ablöste, vorgenommen, ein Prozess, der bis 2018 dauern sollte. Und natürlich wurden auch im Kleinen Weichen gestellt, die große Wirkung hatten: Die Gratis-Schulbuchaktion, die Bruno Kreisky ins Leben gerufen hatte, ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte für Schulbuchverlage, sondern auch für die Schüler. 8,6 Millionen Schulbücher werden jedes Jahr kostenlos verteilt, was für sozial schwache Familien eine bedeutende Erleichterung darstellt. Nicht minder bedeutend war die Umstellung auf die sogenannte teilstandardisierte kompetenzorientierte Reifeprüfung bzw. Reife- und Diplomprüfung, besser bekannt unter dem Namen Zentralmatura. Sie wurde – durchaus nicht unumstritten – in der AHS ab dem Schuljahr 2014/2015 und an der BHS 2015/2016 flächendeckend eingeführt. Aber auch im Hochschulwesen gab es in den vergangenen vier Jahrzehnten gravierende Änderungen: So wurden etwa Studiengebühren eingeführt, Fachhochschulen geschaffen, die Curricula angepasst, Aufnahmeprüfungen für bestimmte Studienrichtungen eingeführt und schließlich der sogenannte Bologna-Prozess umgesetzt, auf den man sich 1999 geeinigt hatte: Ziel war und ist vor allem, eine europäische Vergleichbarkeit der Hochschulbildung herzustellen – die neuen Titel Bachelor, Master und PhD etc. sind Teil dieses Prozesses.

Kompetenzdschungel Land-Bund-Gemeinde
Was sich seit Maria Theresia tatsächlich nicht verändert hat, sind weniger die Inhalte als die Verwaltung des öffentlichen Schulwesens. Damals wie heute ist dieses nämlich zentralistisch organisiert, wobei Teilkompetenzen an die Bundesländer abgegeben wurden. Das System steht zu Recht in der Kritik, denn es macht nicht nur eine einheitliche Finanzierung schwierig, sondern auch Reformen. Denn die erfordern, weil das Schulwesen in der Verfassung geregelt ist, immer eine Zweidrittelmehrheit. So ist der Bund gesetzlicher Schulerhalter für alle öffentlichen Schulen bzw. Schülerheime, soweit es sich nicht um Pflichtschulen oder Pflichtschülerheime handelt – ausgenommen Übungspflichtschulen (Übungsschülerheime) – und für alle Übungskindergärten und Übungshorte. Die Länder hingegen sind der gesetzliche Schulerhalter für alle öffentlichen Pflichtschulen (Pflichtschülerheime), also Volks-, Haupt- und Sonderschulen, Polytechnische Schulen und Berufsschulen, aber auch für alle Kindergärten und Horte. Ausgenommen sind die Übungsschulen (Übungsschülerheime) und die Übungskindergärten und -horte. Klingt kompliziert? Ist es auch – was einer der Gründe dafür ist, dass es eben nicht so leicht ist, seitens des Bundes zum Beispiel einfach mehr Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung zu stellen.

Pisa-Test: besser als sein Ruf
Wer in der österreichischen Bildungspolitik nur Schlechtes sieht, tut ihr allerdings unrecht. Denn so daneben sind wir im internationalen Vergleich nicht. Das Maß aller Dinge ist der Pisa-Test, der alle drei Jahre stattfindet. 81 Länder nahmen am letzten Pisa-Test 2022 teil. International wurden über 690.000 Schüler getestet, in Österreich per Zufallsstichprobe 6.151 an 302 Schulen. Die Ergebnisse zeigen zwar einen deutlichen Kompetenzrückgang in Mathematik. Dieser ist aber aus zwei Gründen nicht allzu alarmierend. Erstens geht die Mathematikkompetenz in allen Ländern zurück. Zweitens liegen die heimischen Schüler immer noch über dem OECD- und dem EU-Schnitt. Bedenklich ist jedoch die ständige Nivellierung nach unten einerseits, andererseits das Verhältnis der Testergebnisse zu den Bildungsausgaben – das im Vergleich zu anderen OECD-Staaten bestenfalls medioker ist. Etwa fünf Prozent der Wirtschaftsleistung fließen in die grundlegende Schul- und Weiterbildung – allein das Bildungspersonal kostete 2022 rund 15 Milliarden Euro. Nur Luxemburg schneidet bei noch höheren Ausgaben noch schlechter ab. Die hohen Bildungsausgaben werden in Österreich nicht effizient eingesetzt, konstatiert auch Agenda-Austria-Ökonomin Carmen Treml. Die besten Ergebnisse trotz niedriger Ausgaben erziele Estland, aber auch in Polen oder Finnland seien laut Agenda Austria die Testergebnisse im Vergleich zum eingesetzten Budget im Durchschnitt sehr gut. In Luxemburg liegt der durchschnittliche Pisa-Score trotz immenser Bildungsausgaben deutlich unter dem OECD-Schnitt.          
        
Sinkender Matura-Stellenwert durch Überakademisierung
Das Problem des Niveauverlustes ist dabei auch ein Problem des Erfolges im Bildungssystem. Denn dieses ist seit den 1970er-Jahren deutlich durchlässiger geworden. Davor waren Akademiker in der Bevölkerung die absolute Ausnahme: Schon die Matura zu machen, war eine Leistung, ein Studium abschließen zu können, galt als absolutes finanzielles und intellektuelles Privileg. Noch 1981 konnten nur 4,5 Prozent der Österreicher zwischen 25 und 64 Jahren auf ein abgeschlossenes Hochschulstudium verweisen, während 46 Prozent eine Pflichtschule abgeschlossen hatten, 31 Prozent eine Lehre und 18,4 immerhin eine höhere oder mittlere Schule. 2022 durften sich bereits 20,4 Prozent mit einem akademischen Titel schmücken, aber nur mehr 17,1 Prozent schlossen die Pflichtschule als höchste Ausbildung ab, dafür 30,4 Prozent eine höhere oder mittlere Schule. Die notwendige Conclusio: Es ist wohl sehr viel leichter geworden, Matura zu machen – denn dass die intellektuelle Entwicklung der Österreicher direkt proportional zu den Bildungsabschlüssen stattgefunden hat, ist eher unwahrscheinlich. Und da die Maturaaufgaben selbst auch nicht wirklich leichter geworden sind – wie jeder weiß, der sich einmal mit den Anforderungen der Zentralmatura an die Schüler auseinandergesetzt hat –, liegt der Verdacht nahe, dass die Gesellschaft Schreibtischjobs gegenüber dem Handwerk einfach überbewertet. Zu diesem Schluss kommt auch der britischen Autor David Goodhart, der sich in seinem Buch Kopf, Hand, Herz – Das neue Ringen um Status mit der Überakademisierung der Gesellschaft auseinandersetzt.

Basisarbeit für Industrie und Wirtschaft
In der Qualifizierung der Arbeitskräfte für Industrie und Wirtschaft tut sich ein weiteres Problemfeld auf. In Österreich ist es vergleichsweise leicht, sich – vom Studium abgesehen – für einen Job zu qualifizieren: Halböffentliche Bildungsinstitutionen wie das BFI, das Wifi und andere sorgen dafür, dass den Arbeitskräften in der Wirtschaft jene Kenntnisse vermittelt werden, die sie tatsächlich brauchen. Im niedrigqualifizierten Bereich ist nach wie vor aber vor allem eines wichtig: Deutschkenntnisse. Die aktuellen Zahlen, die zeigen, dass ein Viertel der vier- und fünfjährigen Kinder Deutschförderung benötigt, verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf vor allem vor dem Hintergrund des Familiennachzugs. Die Industrie fordert schon länger die Einführung von Deutschförderung ab dem Kindergarten sowie ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer betonte jüngst, wie wichtig eine adäquate Reaktion auf die Herausforderungen sei, die jetzt auf das Bildungssystem zukommen würden. Sprache sei der Grundstein für erfolgreiche Integration und unerlässlich, um Kindern, die nach Österreich kommen, einen erfolgreichen Einstieg in das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zukünftig sollte grundsätzlich am Schulstandort entschieden werden, wie die Deutschförderung am effektivsten gestaltet werden kann. Im Kontext des Familiennachzugs ist es jedoch wichtig, so schnell wie möglich Orientierungsklassen für Kinder einzuführen, die bisher in Flüchtlingslagern gelebt haben und nicht alphabetisiert sind, um ihnen eine rasche Integration in das österreichische Schulsystem zu ermöglichen. Der Einsatz zusätzlicher Lehrkräfte ist dabei eine entscheidende Maßnahme, um diese Herausforderung gemeinsam zu bewältigen, so der IV-Generalsekretär.                                                                       

Fazitthema Fazit 205 (August 2024), Foto: Museums Victoria/unsplash

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