Anzeige
FazitOnline

Politik und Fußball

| 14. August 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 205, Gastkommentar

Foto: Gerlinde PolzerEin Gastkommentar von Kurt Flecker.

Die Wahlen zum europäischen Parlament sind geschlagen, die Europameisterschaft 2024 spielt sich nach dem Viertelfinale ihrem Ende zu (Sie sehen, ich schreibe zeitversetzt), im September steigen die Nationalratswahlen und letztlich finden im November dann die steirischen Landtagswahlen statt.

::: Hier im Printlayout online lesen

Also genug Stoff für einen Kommentar, auch abseits der ganz großen traurigen Ereignisse, der Kriege vor der Haustüre in der Ukraine und in Palästina. Und dann noch ein etwas eigent(d)üm(m)licher Wahlkampf in den Vereinigten Staaten. Ich werde mich auf Europa und Österreich konzentrieren.

Die Wahlen zum Europäischen Parlament haben Erfolge der Rechtsaußenparteien gebracht. Das ist ein Widerspruch zur Idee einer europäischen Union. Was sollen Parteien, die in ihrer DNS den Nationalismus, auch Rassismus, Verachtung von Menschenrechten und Illiberalität, sowie Intellektualitätsablehnung als feste Bausteine haben, zu dieser Union schon beitragen, außer deren Zerstörung. Die EU dazu zu missbrauchen, nur als Festung gegenüber Menschen anderer ethnischer Abstammung zu dienen kann wohl nicht Zweck einer als liberal und tolerant verstandenen Gemeinschaft sein, die gemeinsames Handeln Egoismen gegenüber den Vorzug gibt und den Kompromiss als Ergebnis von Verhandlungen sieht.

Erfreulich ist, dass die tragenden Parteien eines gemeinsamen Europas noch immer die Mehrheit haben und sich im Grundsätzlichen zur Zusammenarbeit bekennen. Ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit sich nicht in der Verteilung bestimmter Posten erschöpfen wird. Wichtig wird sein, an grundsätzlichen Positionen festzuhalten und nicht step by step dem Druck von rechts nachzugeben; weil man fälschlicherweise glaubt, damit Stimmen zu retten. Die wichtigste, wenn auch scheinbar unlösbare Aufgabe wäre, das Einstimmigkeitsprinzip auszuhöhlen. Die Blockademeister wie Ungarn leben davon und machen den Rest erpressbar. Nur so kann man an die großen Reformen und Aufgaben, wie stärkere gemeinsame Außenpolitik, Sicherheitspolitik und soziale Union herangehen.

Österreich droht eine ähnliche Gefahr. Die Umfragen sind bekannt. Die FPÖ ist wohl eine der am meisten faschistisch geprägten Parteien Europas. Das einzige Mittel damit umzugehen, kann doch wohl nur in klaren Gegenpositionen liegen. Man muss diese Partei als das ansprechen, was sie ist, und die von vielen, auch politischen Kommentatoren zugeschriebene Maske einer harmlosen Protestpartei abnehmen und ihren Wählern sagen, mit wem sie sich da verbünden. Ich glaube hier ist das Bewusstsein vielfach noch nicht gegeben. Vor allem das Abrücken der ÖVP von ihrem christlichen und bürgerlichen Status macht die FP salonfähig. Vor allem in der Migrations- und Asylpolitik scheint kein Blatt Papier mehr zwischen beide Parteien zu passen. Sie scheinen in Sachen Inhumanität und Minderheitenfeindlichkeit einen Wettlauf zu veranstalten und merken nicht, dass sie die Ziellinie schon passiert haben. Dass diese Politik auch Intellektualitätsfeindlichkeit nach sich zieht, kann der ÖVP durchaus schaden, da ein intellektuelles Bürgertum durchaus zu ihrem Klientel gehörte. Nur sogenannte Normalität als Kriterium von politischen Entscheidungen zu sehen, ist echter Rückschritt. Eine sich auf ihren eigentlichen Status besinnende ÖVP könnte gemeinsam mit einer schwächelnden, weil von inferioren Genossen Doskozil und Dornauer unter permanentem Querschuss stehenden SPÖ, die Basis für einen Neubeginn bilden.

Schließlich noch ein paar Worte zur Landtagswahl: Ich hoffe, dass der Steiermark am Ende des Tages ein blauer Erster erspart bleibt. Christopher Drexler hätte das Zeug, die Sache noch umzudrehen, wenn er von weiteren Anleihen an rechten Populismus absieht. Das bringt ihm nichts. Leider zeigt die SPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten mehr als deutlich, wie sehr sie mit dem zufrieden ist, was sie hat und er ist, dass mehr als ein zweiter oder dritter Platz nicht drinnen ist.

Und nun doch noch zurück zum Fußball: Niemand ist so gut, dass er sich sicher sein kann. Gut so, im Fußball und in der Politik.

Dr. Kurt Flecker war Abgeordneter zum steirischen Landtag und Klubobmann seiner Partei (SPÖ), später auch Landesrat und Landeshauptmannstellvertreter sowie Landtagspräsident (bis 2010).

Zu Gast bei Fazit, Fazit 205 (August 2024), Foto: Gerlinde Polzer

Kommentare

Antworten