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Tandl macht Schluss (Fazit 205)

| 14. August 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 205, Schlusspunkt

Der Trend zu immer weniger Leistung. Endlich sind wieder Olympische Spiele! Und endlich rücken einmal nicht nur die Superstars der Ballsportarten oder der Leichtathletik in den Mittelpunkt, sondern auch die heimischen Medaillenhoffnungen aus den Randsportarten. Unsere Bogenschützin Elisabeth Straka wird trotz ihres jahrelangen täglich mehrstündigen Trainings selbst bei einem ziemlich unwahrscheinlichen Olympiasieg nie von ihrem Sport leben können. Daran erkennt man den Leistungswillen, der hinter ihrer Olympiaqualifikation steht. Die Triumphe und Niederlagen der Olympioniken und die dazu gehörigen Emotionen lösen bei jedem von uns Erinnerungen an die eigene Triumphe und Niederlagen aus – ganz egal ob beim Kinderfußball, beim Hobbysport oder im Berufsleben.

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Aber das Motto »citius, altius, fortius« (schneller, höher, weiter), das Pierre de Coubertin für die Olympischen Spiele gewählt hat, gilt nicht mehr für alle Sportarten. So hat etwa der ÖFB im Jahr 2022 beschlossen, dass bei Turnieren und Meisterschaften der Kindermannschaften die Tore nicht mehr gezählt und daher auch keine Tabellen mehr geführt werden dürfen. Die Fußballfunktionäre wollen die Kinder vor dem schrecklichen Gefühl hoher Niederlagen schützen. Dadurch lernen sie allerdings auch das großartige Gefühl des Siegens nicht mehr kennen. Jetzt mag sein, dass man mit diesem Modus die Trainer besser vor überehrgeizigen Eltern schützen kann. Aber der Preis ist dennoch zu hoch.

Wenn sich etwa ein Personalchef zwischen zwei gleichwertigen Bewerbern entscheiden muss, nimmt er in aller Regel den, der Erfahrungen in einer Mannschaftssportart mitbringt. Als Recruiter konnte man nämlich bis vor kurzem davon ausgehen, dass Mannschaftssportler nicht nur mit Niederlagen umzugehen wissen, sondern dass sie auch gewinnen können ohne abzuheben.

Der »Sport ohne Verlierer« passt hingegen wunderbar zum linken Ideal der Gleichmacherei – zur Idee einer Gesamtschule, in der die Gescheiteren, die es sonst ins Gymnasium geschafft hätten, daran gehindert werden, noch gescheiter zu werden. Auch die Idee zu einem höheren Schulabschluss ohne Matura zu gelangen, stammt aus dieser Ecke. Das Streben nach Perfektionismus und hohe Erwartungen an sich selbst galt früher als Tugend. Inzwischen ist das Wort Leistung im gesellschaftlichen Mainstream jedoch negativ konnotiert. Nicht von ungefähr beginnt beim Ö3-Wecker der Countdown zum Wochenende schon am Montag. Sogar in der Arbeitswelt ist es unstatthaft geworden, sich mit den Kollegen messen und vergleichen zu wollen. Mit Regeln zur Lohn- und Gehaltstransparenz soll dadurch verhindert werden, dass die Minderleister weniger verdienen als die Leistungsträger im Unternehmen.

Jedem Unternehmer ist völlig klar, dass, wer den Vergleich mit anderen scheut, gar nicht zu Höchstleistungen bereit ist. Auch das Konzept einer ausgewogenen Work-Life-Balance orientiert sich am gelebten Minimalismus. Man schraubt seine persönlichen Ansprüche so weit zurück, dass man mit möglichst wenig Arbeit auskommt. Für eine kleine Mietwohnung, eine Öffi-Ticket und ein paar Mac-Donalds-Besuche reicht es schon irgendwie. Doch dieser Minimalismus senkt die Zukunftschancen von uns allen. Denn die Minderleister belasten überproportional unser solidarisch finanziertes Sozialsystem, sie nutzen etwa das Gesundheitssystem bzw. die staatliche Infrastruktur im gleichen Ausmaß wie diejenigen, die mit ihrer Leistungsbereitschaft mehr arbeiten, tüchtig sind und höhere Steuern abliefern.

Fragt man Teilzeitarbeitende ohne Betreuungspflichten, warum sie nicht in eine Vollzeitarbeit wechseln, erhält man übrigens immer die gleiche Antwort: Ein Vollzeitjob würde sich für sie persönlich nicht lohnen, weil man dann überproportional mehr Steuern und Abgaben zahlen müsse. Agenda Austria hat dieses Argument überprüft und bestätigt es leider: Wer in Österreich seine Arbeitszeit um 50 Prozent erhöht, bekommt durchschnittlich nur um 33,8 Prozent mehr Nettolohn, und wer um 100 Prozent mehr arbeitet, bekommt durchschnittlich um 67,5 Prozent mehr.

Heuer ist Wahljahr. Die nicht linken Parteien wissen hoffentlich, was sie in Bezug auf das heimische Einkommenssteuersystem verändern müssen.

Tandl macht Schluss! Fazit 205 (August 2024)

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